?> Die alte weisse Frau und der Glücksmoment – Die alte weisse Frau
1. April 2025

Die alte weisse Frau und der Glücksmoment

Manchmal liegt das Glück nur einen Wischlappen und einen Abfalleimer entfernt, nämlich dann, wenn man sich etwas missmutig, aber wild entschlossen daran macht, das lange vor sich her geschobene Projekt „gründliche Küchenreinigung“ endlich in Angriff zu nehmen. Klebrigen Ölflaschen und Gewürzbehältern, vollgekrümelten Besteckschubladen, dem verkrusteten Backofen, dem vollgerümpelten Unterschrank unter der Spüle – allem rückt man, je nach Gusto, mit diversen Spezialreinigern, Spülmittel oder meinem persönlichen Liebling, dem General Bergfrühling, energisch zu Leibe. Beim Saubermachen bleibt es nicht: beherzt wirft man muffig riechendes Müsli, merkwürdige Gewürze, die man nur einmal und dann nie wieder verwendet hat, Grillsaucen und gleich auch sämtliche Weihnachtsmarkttassen in den Müll, entsorgt alle Plastikbehälter ohne Deckel und alle Plastikdeckel ohne den dazu gehörigen Behälter, trennt sich von lieb gemeinten verzehrbaren Geschenken, die man doch nie verzehrt und dringt vor bis in die tiefsten Tiefen der Vorratsschränke und des Kühlschranks. Zuweilen tun sich Abgründe auf, zuweilen stößt man auf tolle Dinge, von denen man gar nicht mehr wusste, dass man sie besitzt. Was für ein Glücksgefühl stellt sich ein, wenn man zufrieden die streifenfreien Küchenfronten im Licht der Abendsonne schimmern sieht, der Kühlschrank nach Zitrone duftet und die Arbeitsfläche wieder Arbeitsfläche ist und nicht mehr mit allerlei Plunder zugestellt ist. Da hat man doch gleich wieder Lust zu kochen, und weil sich neben längst vergessenem Risottoreis und ein paar getrockneten Steinpilzen auch noch ein Rest Parmesan finden ließ, geht man frisch ans Werk. Die halb volle Flasche Weißwein muss ja auch mal endlich weg.

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