?> Die alte weisse Frau macht kein Yoga – Die alte weisse Frau
15. April 2025

Die alte weisse Frau macht kein Yoga

Von Hause aus bin ich sportlich, aber unbeweglich. Gymnastische Übungen fallen mir schwer, von Biegsamkeit kann keine Rede sein, so ein Fußboden ist für mich bei durchgedrückten Knien meilenweit entfernt, die Sache ist somit sonnenklar: Yoga würde mir gut tun. Allein, ich finde Yoga, man traut sich kaum, es laut zu sagen: doof. Gehört es doch in gewissen bildungsbürgerlichen Kreisen fast zum guten Ton, regelmäßig zum Yoga zu gehen, gegangen zu sein oder es zumindest großartig zu finden. Jedoch: Der ganzheitliche Ansatz! Das Gefasel von Achtsamkeit! Der esoterische Unterbau aus einer mir fremden Kultur, ohne den es scheinbar nicht geht! Ist es nicht überhaupt kulturelle Aneignung, wenn ein semmelblonder Mitteleuropäer herum oooommmmmt? Der Klang von Klangschalen geht mir auf die Nerven, meiner eigenen Mitte spüre ich nicht gerne in einer Turnhalle auf einer stinkigen Matte liegend nach, die Outfits empfinde ich als lächerlich – wer zum Teufel braucht eine Organic Yoga Flare Pants Jayana, um sich auf einer Matte herum zu wälzen? – und insgesamt wird mir viel zu viel Bohei um diese Sportart gemacht. Wer beruflich scheitert, wird Heilpraktiker oder Yogalehrer. Und veröffentlicht womöglich Werke wie „Yoga ab 55 für Dummies“. Da fühle ich mich sofort persönlich angegriffen. Körper, Geist und Seele bringe ich schon allein ins Gleichgewicht, ohne die tätige Hilfe von mittels eines Wochenendseminars in Bad Lippspringe zertifizierten Heilsbringern. Ganzheitlich und achtsam arbeite ich mich auf der heimischen Auslegeware in aller Ruhe an den Fersensitz heran, der mir auf meinem Lebensweg irgendwie verloren ging. Danach mache ich mich an Rumpfbeugen. Oder übe heimlich den Sonnengruß. Auf meinem bei Aldi günstig erstandenen Yoga Handtuch. Nein, das denn doch nicht.

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