Wir führen ein sehr luxuriöses Leben und der größte Luxus ist, dass wir vogelfrei im Auto durch das In- oder Ausland gondeln können, ohne Termindruck und ohne festes Ziel. Allerdings auch ohne vorgebuchte Unterkunft. Und da geht der Spaß los und das meine ich wörtlich. Auf dem Beifahrersitz, auf einer Parkbank, im Eiscafé oder bei einem Aperol fahnde ich mit Feuereifer auf diversen Plattformen nach pittoresken, aber nicht baufälligen, ruhig, aber nicht abgelegenen Zimmern mit jeder Menge Ambiente. Sehr gerne buchen wir mit Frühstück, auch wenn dieses zuweilen in nicht frühstücksaffinen Gegenden nur aus einem plastikverpackten zuckrigen Irgendwas besteht. Im Gegenzug schlurft man in Kanada nach einem fett- und kohlehydratreichen Drei-Gänge-Frühstück mit glasigen Augen durch den Tag. In einem B&B duschten wir in einer ehemaligen Sakristei, in einem anderen in einem Wandschrank. In der Ardêche schauten wir von einer riesigen Terrasse aus bis in die Cevennen, in Lyon hausten wir in einem ehemaligen Gefängnis mit Blick in den düsteren Hof. Mit ehemaligen Dorfschulen haben wir nur gute Erfahrungen gemacht, aber auch die vormalige Kapitänsvilla und das Haus des Holzbarons waren spektakulär. Wie schön, wenn eine resolute Wirtin unsere Radtourpläne kurzerhand verwirft und uns ganz genau erklärt, wo man viel schöner radeln kann, das Ganze allerdings auf Französisch. Oder wenn eine andere fragt, ob wir an der abendlichen Mahlzeit teilnehmen wollen und auf die Frage, was es denn gebe, verständnislos schaut. Das weiß sie doch erst, wenn sie auf dem Markt war! Die armen All-inclusive-Touristen! Was denen alles entgeht! Mir begegnete jedenfalls an diesem Abend auf meinem Teller meine erste komplette Artischocke.