Fast wäre ich noch einmal ins Berufsleben eingestiegen und zwar natürlich nicht mit einem vernünftigen Beruf, sondern mit einer Tätigkeit, die Geld einbringt. Ich hätte mich über ein Wochenende in Bad Laberbach oder in Dummschwätzingen eingemietet, um dort ein Zertifikat zu erwerben und hätte sodann fachkundig ratlose Neurentner beim Übergang in den Ruhestand gecoacht, denn, wie jedermann weiß: Ohne einen fachkundigen Coach kann man ja heutzutage noch nicht einmal seine Küche aufräumen. Ich hätte mit wissenschaftlichen Methoden evaluiert, was dem Rentnereleven Freude macht oder einst gemacht hat und daraus entwickelt, was ihm in Zukunft Freude machen könnte. Ich hätte zusätzliche Fachkräfte wie Personal Trainer oder Ernährungsberater engagiert, die Expertise von Musikpädagogen und Mentaltrainern eingeholt und am Ende eines aufwendigen Prozesses in einer multimedialen Präsentation gegen horrendes Geld profunde Ratschläge zum Besten gegeben. So etwas wie: Melde dich in einem Sportverein deiner Wahl an und gehe hin, trage den Termin in deinen Kalender ein. Koch dir jeden Tag etwas Schönes und wenn du das nicht kannst, belege einen Kochkurs und gehe hin, trage den Termin in deinen Kalender ein. Lerne wahlweise ein Instrument, eine Fremdsprache, Sütterlin oder Bleistiftzeichnen, Töpfern oder Linolschnitt, wobei mit letzterem auch kindliche Traumata aus dem Kunstunterricht endlich überwunden werden können. Trage die Termine in deinen Kalender ein. Gehe jeden Tag an die frische Luft. Versuche, alte Schulfreunde ausfindig zu machen und organisiere ein Klassentreffen, auch wenn ihr am Ende nur zu dritt seid. Fasel nicht von Städtereisen, sondern kaufe dir stante pede eine Fahrkarte nach Paris. Beginne jeden Tag mit Gymnastik auf der heimischen Auslegeware, back dein eigenes Brot oder kreiere Motivtorten….Ich glaube, ich brauche gar kein Zertifikat. Ich könnte auch ohne sofort loslegen, habe aber bei genauer Betrachtung doch keine Lust. Und keine Zeit! Schließlich bin ich Rentner.