Vor kurzem weilte ich am Bodensee. Der Bodensee ist sehr schön, namentlich bei gutem Wetter. Viele andere Menschen weilten gemeinsam mit mir am schönen Bodensee, meist Best-Ager, Senioren, Früh- und andere Rentner oder schlicht alte Säcke wie ich. Sie fuhren vorzugsweise mit dem Fahrrad herum. Ich lernte: Wenn ich mit 15 km/h auf dem E-Bike ein oder zwei Stündchen auf den Tag verteilt am Bodensee entlang radele, dann ist das eine sehr ernst zu nehmende sportliche Betätigung, der man auf gar keinen Fall in normaler Bekleidung nachgehen kann. Ein Helm muss selbstverständlich her, ein knallfarbenes, viel zu enges Trikot wegen der Windschnittigkeit, eine ebenso enge, gerne auch schockfarbene Hose, die durch einen überhängenden Bauch jedoch in weiten Teilen leider verdeckt wird, flotte Kompressionsstrümpfe, mit denen man das letzte an Leistung aus sich heraus kitzeln kann, riesige Fahrradtaschen, in denen irgendein Plunder durch die Gegend gefahren wird oder Wasser, damit man zwischen zwei Einkehrmöglichkeiten am schönen Bodensee nicht dehydriert, und als Krönung des Elends ein Fahrradanhänger für den mitgeführten asthmatischen Hund. Herrlich, vor allem für den interessierten Zuschauer des Spektakels. Gerade die sportiven Herren haben offensichtlich eine Schwäche für unvorteilhafte Kleidungsstücke und man fragt sich, welcher gewissenlose Verkäufer ihnen die Sachen aufgeschwatzt hat. Wahrscheinlich gar keiner, denn die Rentner heute sind ja auf Zack und bestellen online. Bei der Anprobe wenigstens einen Blick in den Spiegel zu werfen, täte nicht schaden. Oder die Gattin erbarmt sich und konstatiert resolut: „So kannst du nicht rumlaufen.“ Manchmal muss man Menschen vor sich selber schützen.