?> Die alte weisse Frau hat eine Gewissensfrage – Die alte weisse Frau
3. Juni 2025

Die alte weisse Frau hat eine Gewissensfrage

Ich bin von Grund auf ehrlich, betrüge und stehle nicht und verschaffe mir keine mir nicht zustehenden Vorteile. Eigentlich. Da gibt es aber Hotels, die flotte zwanzig Euro für ein Frühstück verlangen, bei dem man sich, wie heutzutage allgemein üblich, selbst an einem zugegebenermaßen oft üppigen Buffet bedienen muss. Vielleicht ist ja so ein Hotel auch noch eines, welches von Wanderern, Radfahrern und den selbstredend dazu gehörigen Innen frequentiert wird. Da fragt man also freundlich die emsig die Verwüstungen auf Käse- und Wurstplatten beseitigende Servicekraft, ob man sich, besonders wegen der eigenen morgendlichen Appetitlosigkeit, die einer ausreichenden Würdigung des Buffets entgegen steht, wohl ein Brötchen oder eine Stulle für den Weg mitnehmen dürfe. Und siehe da, was als rhetorische Frage gemeint war, wird tatsächlich energisch verneint. Was ist nun zu tun? Ohne Proviant von dannen ziehen und die nächstgelegene Bäckerei ansteuern natürlich, sagt das Gewissen. Einfach trotzdem ein Käsebrötchen in den Rucksack schmuggeln, sagt der kleine Teufel auf meiner Schulter, der nicht versäumt, auf den verlassenen Nachbartisch hinzuweisen, auf dem sich ein Haufen Essensreste befinden, die irgendwelche Menschen sich zwar vom Buffet geholt, aber nicht angerührt haben, was ja eine bodenlose Unverschämtheit ist. Und der ganz und gar üble Teil meines Wesens schlägt sogar vor, zwei angebissene Marmeladenbrötchenhälften unter dem Motto „Das haben Sie jetzt davon“ auf dem Teller zurück zu lassen. Meine Güte, sind das Kämpfe, die man da mit sich und seiner christlich-katholischen Gesinnung auszufechten hat. Schrecklich. Aber für ein streng reglementiertes „Lunchpaket“ noch zusätzlich zwölf Euro zu bezahlen, widerstrebt mir auch zutiefst. In der Regel – wobei das ganze Szenario ja glücklicherweise nicht so oft vorkommt – endet die Misere mit einem denn doch entwendeten Apfel, den ich vor mir selbst als Mundraub deklariere und den aufgerufenen Frühstückspreis als Wegelagerei. Und doch…

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