Neulich war ich zu einem 70. Geburtstag geladen. Bei fabelhaftem Wetter gab es einen ebenso fabelhaften Mittagstisch, der Jubilar trug eine gut sitzende Jeans, ein gebügeltes Hemd, einen Ledergürtel und schwarze blank geputzte Schuhe. Aber die Gäste! Herrje, was gab es da für Scheußlichkeiten zu sehen, vor allem bei den Männern. Einige der älteren Herren scheuten sich nicht, in kurzen Hosen aufzukreuzen, mit einem labbrigen T-Shirt, das seine besten Zeiten schon sehr lange hinter sich gelassen hatte-wenn denn solche ob der zweifelhaften Qualität überhaupt jemals stattgefunden haben-und an den Füßen trugen sie die offenbar unvermeidlichen Sneaker, wenn nicht gar Trekkingsandalen. Aber nun zum hoffnungsvollen Teil: Bei einem anderen festlichen Anlass bei ebenfalls fabelhaften Wetterbedingungen waren viele Menschen jedweden Alters geladen und zu meinem großen Erstaunen tauchten gerade die jungen Männer äußerst gut gekleidet auf, in schicken Sakkos, genau richtig zerknitterten Leinenhemden, passendem Schuhwerk und Frisuren, also nicht nur einfach Haaren auf dem Kopf, dazu gepflegte Dreitagebärte. Looks wie vom Laufsteg oder wahlweise geradewegs aus „White Lotus“ entsprungen. Ich war auf Flipflops gefasst, aber weit gefehlt. Wohlerzogen und redegewandt waren sie auch noch. Kaum zum Aushalten! Und viel erfreulicher als so mancher Boomer, dem Erscheinungsbild, Auftreten und Wertschätzung des Gastgebers anscheinend vollkommen gleichgültig sind. Das lässt doch hoffen für die Zukunft! Da sehe ich über das eine oder andere Tattoo auch generös hinweg.