Politikerinnen möchten nicht nach ihrem Äußeren, sondern nach ihrer Leistung beurteilt werden. Das verstehe ich gut. Wie meist im Leben haben es auch hier wieder einmal die Männer erheblich einfacher. Sie schreiten dynamischen Schrittes zu ihrem bevorzugten Herrenausstatter, lassen sich dort einige gut sitzende Anzüge verpassen, weiße Hemden dazu, auf Krawatten kann ja inzwischen meist verzichtet werden, dazu ordentliche geputzte Schuhe und – bella figura! Aber bei den Frauen! Rock oder Hose, Kostüm oder Hosenanzug, Bluse oder Shirt oder Pullover, bei den Hosen Röhre, Marlene, 7/8, gerades Bein oder ausgestellt, vielleicht doch besser ein Kleid – knielang, kniebedeckt, halbe Wade…..und da haben wir mit den Farben noch nicht einmal angefangen! Die Outfits der Männer sind auch deswegen viel weniger in der öffentlichen Diskussion, weil dieselbe sich am Thema, ob dem Betreffenden ein munteres Asphaltgrau nicht vielleicht besser zu Gesichte stehen würde als das gewählte Steingrau ziemlich rasch erschöpft. Bei Frauen hat man doch – siehe oben – viel mehr Anknüpfungspunkte. So weit, so ungerecht. Warum aber beschäftigt nun eine namhafte Politikerin für teures Geld eine Stylistin, wenn sie doch nicht nach ihrem Äußeren beurteilt werden will? Sie könnte doch Claudia-Roth-mäßig agieren – mir doch wurscht, was ihr denkt. Oder Angela-Merkel-mäßig – das ist für jetzt und immerdar mein Outfit: Dunkle Hose mit merkwürdigem Blazer, Thema durch. Aber nein. Eine Stylistin wird beschäftigt. Vielleicht will die namhafte Politikerin ja doch wegen ihrer äußeren Erscheinung beurteilt werden, aber eben ausschließlich positiv? „Sie hat auf dieser Konferenz wieder einmal rein gar nichts erreicht, sah aber fabelhaft aus!“. Was sendet dieses Gebaren überhaupt für ein Signal? Seht her, ich lenke die Geschicke unseres Landes, ach was, der ganzen Welt, kann mich aber nicht allein anziehen?