Früher kaufte man ein Damen- oder ein Herrenrad mit drei, fünf oder gar sieben Gängen, ganz Verwegene griffen zu einem Rennrad, fertig. Heute bin ich davon überzeugt, dass sich demnächst mit großem Erfolg der Bachelor-Studiengang „Fahrradwissenschaft“ etablieren wird. Den Master kann man dann anschließend in „Graveling“ oder „Bikefitting“ absolvieren. Was es nicht alles gibt! Ein normaler Mensch, der sich gelegentlich auch noch mit arbeiten und kochen befassen muss, kann da gar keinen Überblick mehr behalten und ist deshalb natürlich auch ein willfähriges Opfer der Fahrradverkäufermafia, von der ich allerdings nicht weiß, ob sie überhaupt existiert. In jedem Falle ist man dem überlegenen Fachwissen des Beraters vollkommen ausgeliefert, selbst wenn man mit einer festen Vorstellung seines Wunschfahrrades den Laden betritt. Im Zweifelsfalle ist diese Vorstellung hoffnungslos veraltet, nicht finanzierbar oder von der modernen Wissenschaft weit überholt worden. Verwirrt steht man vor Touren-, City-, Mountain-, Gravel-, E- und anderen Bikes und weiß nicht ein noch aus. Ist man nicht zu jung für ein Pedelec? Gleichzeitig zu alt für ein flottes Rennrad? Aber wie soll man damit Einkäufe transportieren? Doch ein Lastenrad und den Zweitwagen verschrotten? Fragen über Fragen. Mir hat man ja eines schönen Sommertages vor einem Museum in Lyon mein Rad geklaut und aus eigener Erfahrung empfehle ich den Ankauf eines neuen in einem Land, dessen Sprache man nur so mittelgut beherrscht. Und so wurde ich in einem x-beliebigen Fahrradgeschäft im Gewerbegebiet von Montelimar, in dem die Erklärungen der freundlichen Verkäuferin unverstanden an mir vorbeirauschten, stolze Besitzerin eines gar nicht mal so teueren „VTT“ und bin sehr zufrieden. VTT heißt Vélo tout terrain, sozusagen eines für jeden Untergrund und es macht seinem Namen alle Ehre. Los geht’s!