?> Die alte weisse Frau und die chinesischen Klavierspieler – Die alte weisse Frau
31. Mai 2023

Die alte weisse Frau und die chinesischen Klavierspieler

Neulich schaute ich eine Dokumentation über drei chinesische Kinder, die Klavier spielten. Mein lieber Scholli, da war was los! Da gab es den empathischen Klavierlehrer eines Achtjährigen, der solche Dinge losließ wie: „Du musst mal? Du bist hier zum Klavierspielen, nicht um aufs Klo zu gehen!“ oder „Für dieses Konzert haben wir wirklich gearbeitet. Wir haben bis abends um halb elf geübt, aber nicht länger, die Kinder brauchen ja ihren Schlaf!“ oder „Wenn ihr morgen so schlecht spielt, könnt ihr was erleben!“. Ein Mädchen wurde vorgestellt, das für eine Klavierprüfung übte. Der Tag bestand aus Klavierspielen, Essen und Schlafen. Ein Neunzehnjähriger übte während des Schuljahres nach dem normalen Unterricht vier bis fünf Stunden und fuhr über Jahre mit seiner Mutter Freitagsabend mit dem Nachtzug zu einem besonderen Klavierlehrer, wo sie morgens ankamen, den Samstag mit Klavierstunden verbrachten und abends ging es wieder mit dem Nachtzug zurück, um dann nach zwei Nächten im Zug am Sonntagmorgen gegen acht das Wochenende zu beginnen. So weit, so gruselig. Hier bei uns hingegen: Ich spaziere durch das Dorf und vor mir schlurft ein Schuljunge heimwärts. Seine Mutter kommt ihm entgegen, bewaffnet mit einem Roller und dann, ich traue meinen Augen kaum, fährt das Kind auf dem Elektroroller heimwärts, nimmt aber nicht etwa seine Schultasche auf dem Roller mit. Die schleppt seine Mutter tatsächlich zu Fuß hinterher. Wahrscheinlich ist sie auch eine der Mütter, die eine Fünf in Mathe für ihr sensibles Kind für unzumutbar halten. Die arme Kinderseele könnte unwiderruflich Schaden nehmen. Was soll aus diesem Knaben bloß werden? Einer geregelten Tätigkeit wird er ja nicht nachgehen können. Es sei denn, seine Mutti trägt ihm seinen Laptop oder den Werkzeugkasten hinterher, notfalls mit Rollator. Was für Luschen ziehen wir uns da bloß heran? Wie sagte der chinesische Vater? „Das verstehen die Leute woanders nicht so. Alle chinesischen Eltern möchten, daß ihre Kinder Tiger werden.“ Ganz furchtbar natürlich, dieser Drill. Tiger, also wirklich. Die armen Kinder! Aber ob wir – um im Bild zu bleiben – mit unseren verfetteten Hauskatzen in Zukunft irgendetwas werden reißen können? Glaub ich nicht.

Nächsten Mittwoch mehr.

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