Klar, früher war angeblich alles besser. Vor allem viel friedlicher, die Menschen einander zugewandter, vor allem auf dem Land. Da bin ich beispielsweise groß geworden und kann zur Debatte folgendes beitragen: Gegenüber wohnte eine Familie, in der der Vater Alkoholiker war. Er schlug zwar nicht um sich, verbreitete aber Angst und Schrecken. Zwei Häuser neben uns wohnte ein Tierpräparator, der seine Kinder mit der Hundepeitsche vermöbelte, seine Frau wahrscheinlich auch. Dann gab es da noch den Ehemann in der Gasse gegenüber, der seine im Rollstuhl sitzende Frau die Treppe hinunter schubste. Als er bemerkte, dass sie überlebt hatte, knüpfte er sich in der Scheune auf, wo ihn sein halbwüchsiger Sohn auffand. Der ortsansässige Apotheker hatte ein unbeschwertes Verhältnis zur Rezeptpflicht, das halbe Dorf nahm irgendwelche Schlafmittel. Dazu passte perfekt die beliebte Fernsehserie „Immer wenn er Pillen nahm“. Ein altes Ehepaar verkaufte in seiner Wohnung Bier und andere Getränke, um die spärliche Rente aufzubessern und sich und ihre erwachsene Tochter mit Down-Syndrom irgendwie durchzubringen. Der Pfarrer war den Jugendlichen in seiner Gemeinde eine Spur zu sehr zugewandt, dafür äußerst trinkfest. Die Otto-Show kam ohne Warnhinweise daher. Das alles war also jetzt eine behütete, unbeschwerte Kindheit auf dem Lande in der guten alten Zeit. Ich weiß ja nicht…